Intelligente Straßenbeleuchtung schützt Insekten
Plochingen: Die Nacht zum Tage machen: Was sich für Müßiggänger durchaus verlockend anhört, ist für viele Tiere tatsächlich ein ernstzunehmendes Problem. „Die zunehmende Lichtverschmutzung in Deutschland trägt zum Insektensterben bei,“ hat Michael Eick, Leiter der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg, am Freitag (7.10.) in Plochingen beim Seminar „Insektenverträgliche Außenbeleuchtung in der Kommune“ erklärt. Vor allem die artenreiche Gruppe der Nachtfalter, zu denen Arten mit so seltsamen Arten wie Glucke, Trinkerin und Mönch gehörten, würden durch nächtliche Beleuchtung gefährdet. Zu helle Straßenbeleuchtung an den falschen Stellen könne zudem dazu führen, dass Fledermäuse sogar ihre angestammten Quartiere verlassen – eine Frage des Überlebens für manche Arten, die seit Jahrhunderten in alten Gebäuden wie Kirchen oder Schlössern siedelten, so Eick.
Welche Auswirkungen die künstliche Beleuchtung bei Nacht auf Tiere und Pflanzen hat, wie eine fachgerechte Umrüstung aussehen kann, welche Rolle dabei die Verkehrssicherheit und das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung spielt und wie Energie und Kosten gespart werden können, waren unter anderem wesentlicher Bestandteil der Veranstaltung. Eingeladen hatte die Umweltakademie Baden-Württemberg gemeinsam mit dem Landratsamt Esslingen, dem Umweltzentrum Neckar Fils, dem BUND Baden-Württemberg und der Stiftung Naturschutzfonds. Gefolgt waren der Einladung rund 60 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Mitarbeitende von Bauhöfen und Straßenmeistereien sowie Fachplanerinnen und Fachplaner der Städte und Gemeinden aus dem Kreis Esslingen und darüber hinaus.
Pilot-Projekt Heiningen
Neben neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Tier- und Pflanzenwelt ging es vor allem um praktische Aspekte einer insektenfreundlichen Außenbeleuchtung in Kommunen. Mischa Allgaier von der Netze BW GmbH stellte das Pilotprojekt insektenfreundliche Beleuchtung der Gemeinde Heiningen (Landkreis Göppingen) vor. Dort wird seit dem 26. April 2022 in einem Vorreiter-Projekt die Beleuchtungsstärke der Straßenlampen entlang der Ortsdurchfahrt nachts dem tatsächlichen Verkehrsaufkommen angepasst. Das bedeutet: Fahren nachts wenig Autos, wird die Beleuchtung zum Schutz der Insekten heruntergeregelt – ohne die Verkehrssicherheit zu gefährden. Gleichzeitig können die Tiere über ein kameragestütztes System beobachtet und gezählt werden.
„Die Veranstaltung heute hier in Plochingen soll dazu beitragen, dass Heiningen kein Einzelfall bleibt und viele Kommunen in ganz Baden-Württemberg diesem Beispiel folgen. Denn wenn es immer weniger Insekten gibt, fehlen diese im Ökosystem und stehen beispielsweise anderen Tieren nicht als Nahrungsgrundlage zur Verfügung – eine Katastrophe für die Artenvielfalt“, so Umweltakademieleiter Eick.