Der dramatische Rückgang von Tier- und Pflanzenarten stellt eine der größten Herausforderungen im 21. Jahrhundert dar. Um dem fortschreitenden Artensterben entgegenzuwirken, müssen die bedrohten Tier- und Pflanzenarten zum einen bekannt sein, zum anderen ist es wichtig zu wissen und zu verstehen, welche Funktionen sie im Ökosystem erfüllen und wie man sie schützen kann.
Doch nicht nur die Artenzahlen gehen zurück, es gibt auch immer weniger Fachleute, die über vertiefte Artenkenntnisse verfügen und in der Lage sind, Tiere und Pflanzen sicher zu bestimmen. Insbesondere gilt dies auch für artenreiche Insektengruppen in der Kulturlandschaft. Ein drohender Schwund in Sachen Artenwissen zeichnet sich nicht nur im ehrenamtlichen Bereich, sondern auch in Verwaltungen, Verbänden sowie verschiedenen anderen Berufsfeldern ab. Ein Grund dafür ist, dass die taxonomische Ausbildung und Forschung an den Universitäten in den letzten Jahrzehnten immer weiter reduziert wurde.
Vor diesem Hintergrund hat das Land Baden-Württemberg im November 2019 die Landesinitiative "Integrative Taxonomie" gestartet, um mit dem Erhalt der Artenvielfalt ein zentrales politisches Anliegen voranzubringen.
Die gemeinsame Initiative des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg sowie des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg besteht aus zwei sich ergänzenden Säulen:
- Für den Bereich von Forschung und Lehre wurde das Kompetenzzentrum Biodiversität und Taxonomie (KomBioTa) gegründet und zwei Professuren zur "Integrativen Taxonomie der Insekten" an der Universität Hohenheim und zum "Biodiversitätsmonitoring" als gemeinsame Berufung von Universität und dem Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart neu eingerichtet. Träger des Promotionskollegs "Biodiversität im Wandel der Zeit" wie auch von KomBioTa selbst sind die Universität Hohenheim und das Staatliche Museum für Naturkunde Stuttgart.
- Die andere Säule ist das Fort- und Weiterbildungszentrum für Taxonomie und biologische Vielfalt, zu dem die Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg als praxis- und zielgruppenorientiert arbeitende Institution ausgebaut wurde. Die Erkenntnisse und Methoden aus Forschung und Wissenschaft fließen in die Bildungsangebote der Umweltakademie ein und fördern die Qualifizierung von Artenschutzfachleuten für die praktische Arbeit vor Ort. Ziel der Bildungsarbeit ist die Vermittlung von Artenkenntnissen und naturschutzfachlichen Kompetenzen zum Erhalt der biologischen Vielfalt.
Ein Lenkungskreis (Steering Committee) vernetzt die Akteure der Landesinititative, also Universität Hohenheim, das Staatliche Museum für Naturkunde Stuttgart und die Umweltakademie mit weiteren Partnerinstitutionen aus dem Bildungs- und Naturschutzbereich. Schon jetzt wurden in ersten Schritten konkrete Kooperationen zwischen den Institutionen vereinbart, die der Förderung von Artenkenntnis dienen. So gibt es zum Beispiel ein neues Mastermodul "Taxonomie" im Lehrplan der Fakultät für Chemie und Biowissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in Kooperation mit dem Naturkundemuseum Karlsruhe und der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe.