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Meldung

29.07.2021

Sommerzeit ist Wespenzeit

Umweltakademie: Panik ist fehl am Platz

Europaweit einmaliges Netzwerk von Hornissen- und Wespenfachberatenden

 

Noch brummt und summt es dieses Jahr eher wenig, doch mit hochsommerlichen Temperaturen tauchen wieder vermehrt Wespen in Gärten, auf Terrassen und Balkonen auf. „Panik ist vollkommen fehl am Platz,“ heißt es von Michael Eick, dem Leiter der Akademie für Natur und Umweltschutz Baden-Württemberg. Vor allem die Hornisse, die größte der heimischen Wespenarten, hätte immer noch unter vielen Vorurteilen zu leiden und sei durch die Vernichtungsaktivitäten der Menschen auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten gelandet.

 

Ruhe bewahren

Hornissen, die man auch als „Falken der Insektenwelt“ bezeichnen könnte, interessieren sich nicht für Kuchen oder Gegrilltes. Sie reagieren auch nicht auf die bloße Anwesenheit von Menschen. „Sie gehen lediglich ihrem Jagdtrieb nach Insekten – darunter übrigens auch anderen Wespenarten – nach,“ erklärt Eick. Etwas aufdringlicher würden mitunter nur zwei Wespenarten, die Deutsche und Gemeine Wespe. Beide Arten findet man vor allem ab dem Spätsommer, wenn sie sich auf der Suche nach Kohlenhydraten auf Terrassen und Balkonen einfinden. „Nachdem sie in der ersten Jahreshälfte eher Proteine für die Aufzucht ihrer Brut benötigt haben und dann ab und zu ein Stückchen Grillfleisch nicht verschmähen, versorgen sich nun die ausgewachsenen Tiere mit Zucker“, weiß Biologe Eick. Dabei könnten die hungrigen Tiere schon mal ein wenig lästig werden. Aber das Abdecken von Apfelsaft und Limonade oder süßen Speisen wie Kuchen hilft,“ rät Eick. Die effektivste Methode, um sie von der Kaffeetafel fernzuhalten, sei jedoch eine Ablenk-Fütterung: „Am besten ein paar überreife Früchte oder etwas Marmelade in gutem Abstand von etwa zehn Metern vom Essenstisch in einem Schälchen platzieren. Die Wespen werden davon angelockt und lernen schnell, dass es dort eine verlässliche Nahrungsquelle gibt“, empfiehlt Eick. Voraussetzung sei jedoch, dass man ihnen rechtzeitig etwa vor einem Gartenfest und regelmäßig etwas anbiete. Schlaue Gastronomen setzen auf diesen Trick – mit Erfolg. Ihre Gäste werden von Wespen nicht belästigt.

Das Schlechteste, was man machen könne sei, nach Wespen zu schlagen, wild herumzuwedeln oder zu pusten. „Durch hektische Bewegungen oder auch das Kohlenstoffdioxid der Atemluft fühlen sich Wespen bedroht und werden aggressiv. Über Geruchsstoffe signalisieren sie ihren Artgenossen: Achtung, Gefahr!“ Damit riskiere man Stiche, die nichts anderes als eine Abwehrreaktion der Tiere seien, betont Eick. Die allermeisten Arten sind übrigens komplett harmlos und friedfertig, wie beispielsweise die Feldwespe, die auch am Nest total gelassen bleibt. Hornissen verteidigen mitunter ihre Brut, aber nur, wenn man sie beunruige. „Ruhe bewahren ist immer ratsam. Von sich aus greift keine Wespe an.“

In diesem Jahr könnte das Picknick oder das Essen im Freien aber womöglich ohnehin entspannter ausfallen als letztes Jahr, in dem es sehr viele Wespen gab. „Dieses Frühjahr war es zwar teilweise sehr warm, doch insgesamt aus Wespensicht zu naß und wechselhaft. Das kann dazu führen, dass Nester aufweichen und Larven sterben. 2021 wird daher vorraussichtlich kein stakes Wespenjahr werden“, vermutet der Hiltrud Wilhelmi, die bei der Umweltakademie die Hornissen- und Wespenfachberater betreut. „Vielen Menschen ist auch nicht bewusst, dass diese Insekten bestandsregulierend auf Forst- und Landwirtschaftsschädlinge einwirken oder auch Aas beseitigen,“ erklärt Wilhelmi.

 

Bei Problemen und Fragen helfen Experten

Sollte es dennoch zu ernsten Problemen kommen – etwa wenn ein Hornissen- oder Wespenvolk unmittelbar am Fenster eines Zimmers mit Kleinkindern nistet – sind die Unteren Naturschutzbehörden der Stadt- und Landkreise die richtigen Ansprechpartner, teilt die Umweltakademie mit. Diese Stellen vermitteln Fachberatende und erteilen im Falle unumgänglicher Umsiedlungen die entsprechende Genehmigung.

„Wir haben ein flächendeckendes Netzwerk von ehrenamtlichen Fachberatenden zu Hornissen- und Wespenfragen für ganz Baden-Württemberg aufgebaut und bilden die Experten im Sinne der Ehrenamtsförderung regelmäßig fort“, so Hiltrud Wilhelmi von der Umweltakademie. „Die bürgernahe Beratung durch die Fachberatenden haben wir etabliert – nicht nur, um den Artenschutz zu fördern, sondern auch um die Menschen wieder mehr an die Natur heranzubringen, auf unbürokratische Weise zu helfen und Kosten zu sparen.“

Die Telefonnummern der Fachberatenden für Hornissen- und Wespenfragen Baden-Württemberg können über die Unteren Naturschutzbehörden der Landratsämter und Stadtkreise erfragt werden. 

Wissenswert

Die Völker der Hornissen und anderer Wespen sterben spätestens im Oktober ab. Lediglich die Königinnen überleben, überwintern und gründen im nächsten Jahr einen neuen Staat – aber ganz woanders. Mehr dazu sowie die fünf wichtigsten Fragen und Antworten zu Hornissen und Wespen finden Sie auf der Homepage der Umweltakademie unter

 

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