Rohstoffverbrauch auf der Agenda von Green IT
Computer und Rechenzentren können beachtliche Energie und Rohstoffe einsparen. Dies erörterten Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedenen Landeseinrichtungen am 4. Juli 2018 im Umweltministerium beim 3. Green IT-Forum Baden-Württemberg. Die Veranstalter von der Kompetenzstelle Green IT des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg und der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg (Umweltakademie) hatten ein dicht gepacktes Programm aus Vorträgen und Workshops geschnürt.
Schon gleich zu Beginn der Veranstaltung wurde klar: Die Landesstrategie Green IT 2020 ist ständig im Fluss. Im Bereich Energieeffizienz hält sie bereits jetzt ganz konkrete Maßnahmen und Empfehlungen parat. Künftig sollen auch die soziale Dimension und der Ressourcenverbrauch im IT-Lebenszyklus stärker in den Fokus rücken. Und so weist Ministerialrat Kurt Weissenbach, Leiter des federführenden Referats 15 im Umweltministerium, in seiner Eröffnungsrede auch ausdrücklich auf die teilweise fragwürdigen Arbeitsbedingungen bei der Produktion von IT-Komponenten hin.
Bis diese so transparent sind, dass sie bei Beschaffungsentscheidungen berücksichtigt werden können, ist es freilich noch ein weiter Weg. Umso wichtiger ist es, im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung die Weichen zu einer nachhaltigen Entwicklung zu stellen. Und dafür eignen sich Rechenzentren in besonderem Maße: „Rechenzentren als Kern der Datenverwaltung bieten große Potenziale für Energie- und Ressourceneffizienz sowie für die Bereitstellung von Flexibilität", so Weissenbach.
Energiesparende Rechenzentren als entscheidende Hebel für die nachhaltige Digitalisierung
Mit steigendem Datenvolumen steigt auch der Bedarf an Rechenzentrumskapazitäten. So hat die Anzahl großer Rechenzentren (ab 5000 m²) in Deutschland zwischen 2013 und 2017 um knapp 29 Prozent zugenommen. Doch in großen wie in kleinen Rechenzentren gilt: Standby-Verbrauch, Teillastbetrieb, Umwandlungsverluste in Netzteilen und ungenutzte Abwärme verringern die Energieeffizienz. In Zukunft sollten Rechenzentren daher gezielt effizienter genutzt werden, um so zu einem Instrument Nachhaltiger Digitalisierung zu werden, wie Prof. Dr. Peter Radgen vom Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart in seinem Vortrag zeigt.
Radgen koordiniert das Projekt Nachhaltige Rechenzentren (EcoRZ). Ziel des Projekts ist es, ein Instrumentarium zur Standortanalyse für Rechenzentren in Baden-Württemberg zu entwickeln. Dabei werden stets Elektrizität, Wärme und Kälte integriert und über die Grenzen des Rechenzentrums hinaus betrachtet. Zur Bewertung soll ein Set an Indikatoren entwickelt werden. Außerdem soll ein breites Spektrum an Nachhaltigkeitskriterien wie verminderte Treibhausgasemissionen, Arbeitsplätze, oder Energieeinsparung abgebildet werden.
Die Integration des Projektziels ist Prof. Dr. Rudolf Lohner vom Steinbuch Centre for Computing des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) bereits weitgehend gelungen: Er durfte im vergangenen Jahr den Deutschen Rechenzentrumspreis entgegennehmen. Sein Projekt „ForHLR – hocheffizientes HPC-Rechenzentrum mit Warmwasserkühlung“ belegte den ersten Platz in der Kategorie „Neu gebaute energie- und ressourceneffiziente Rechenzentren“. Das Rechenzentrum entstand auf der „grünen Wiese“ – die Planer hatten demnach viele Möglichkeiten bei der Zusammenstellung der Gebäudeinfrastruktur. Sie entschieden sich unter anderem für eine Warmwasserkühlung mit Abwärmenutzung. Lohner ist mit dieser Entscheidung sehr zufrieden. Seine Empfehlung: keine Angst vor Wasser im Rechenzentrum.
Energie- und Ressourceneffizienz von Rechenzentren bestimmen
Zum Thema Rechenzentren stellte Marina Köhn vom Bundesumweltamt in ihrem Vortrag die neue Berechnungsmethode KPI4DCE vor. Mit ihr ist es möglich, die tatsächliche Effizienz von Rechenzentren zu ermitteln. Sie umfasst den gesamten Lebenszyklus der Geräte im Rechenzentrum und der technischen Versorgungsstruktur. Außerdem wird die Leistung des Rechenzentrums in Verbindung zum Energie- und Rohstoffaufwand der Geräteinfrastruktur gesetzt.
Neuer Öko-Vergleichsrechner für Arbeitsplatzcomputer
Mit dem Vergleichsrechner für die Beschaffung von Arbeitsplatzcomputern präsentierte Marina Köhn eine weitere Neuigkeit aus dem Bundesumweltamt: Nach der Eingabe des Strompreises, des Betrachtungszeitraums, der Gerätetypen (PC, Mini-PC, Notebook …) und der Nutzungsintensität errechnet das Tool die Treibhausgasemissionen und Lebenszykluskosten der verschiedenen Computer. Anhand der individuellen Berechnungen für die Arbeitsplatz-IT können Entscheider so die Auswirkungen von Beschaffungsalternativen simulieren.
Grundsätzlich empfiehlt das Umweltbundesamt eine möglichst lange Nutzung von IT-Geräten, um die Umweltbelastung und den Rohstoffverbrauch so gering wie möglich zu halten.
Der Öko-Vergleichsrechner ist in Kürze beim Umweltbundesamt erhältlich.
Sustainable Software – Ressourceneffizienz von Software bestimmen
Kann – neben der IT-Hardware – nicht auch Software zur Energie- und Ressourceneffizienz beitragen? Dieser Frage widmete sich das Umweltbundesamt in einem weiteren Forschungsprojekt. Unter anderem nimmt das Vorhaben die benötigten Hardwarekapazitäten bei normaler Nutzung, die Energieeffizienz verschiedener Textverarbeitungsprogramme und Browser sowie die Plattformunabhängigkeit und Portabilität von Software in den Fokus. Wie Köhn zeigte, ließen sich durchaus Unterschiede bei den verschiedenen Softwareprodukten feststellen. Hinsichtlich einer energieeffizienten Optimierung gibt es also auch bei Software noch Verbesserungspotentiale.
Die Ergebnisse des Vorhabens werden in die Erweiterung des Blauen Engels in Richtung Software einfließen.
Unterstützung für Landeseinrichtungen
Die Vorträge auf dem Green IT-Forum lieferten interessante Lösungsansätze für Rechenzentren und Arbeitsplatz-IT. Und auch bei der Umsetzung von Green IT-Maßnahmen sollen die Landeseinrichtungen nicht allein gelassen werden. Dr. Erik Heyden vom Umweltministerium zeigte in seinem Vortrag über die Landesstrategie die Unterstützungsangebote seitens des Landes auf: kostenloser Praxistransfer und die Sachmittelförderung für geeignete Maßnahmen.
Von Mini-PC bis Eisspeicher – offener Erfahrungsaustausch in den Workshops
In den Workshops am Nachmittag tauschten sich Teilnehmerinnen, Teilnehmer und Vortragende in lockerer Atmosphäre über Ideen und Erfahrungen aus. Von Mini-PCs am Arbeitsplatz bis zu Eisspeichern zur Kühlung von Rechenzentren wurden verschiedenste Green IT-Ansätze diskutiert.
Aber auch für die Hemmnisse bei der Strategieumsetzung hatte die Kompetenzstelle Green IT offene Ohren: Hier wurde zum Beispiel Personalmangel genannt und auf die Schwierigkeiten beim Monitoring hingewiesen, das im laufenden Betrieb nur schwer durchzuführen ist.
Alles in allem bot das 3. Green IT-Forum reichlich Gelegenheit zum Austausch und zur Vernetzung der Akteure – ganz im Sinne der Organisatoren.