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Presssemeldung

23.06.2023

Lichtblicke für Feldvögel?

Stuttgart. Sind Rebhuhn, Feldlerche und Kiebitz noch zu retten? Während viele dieser ehemaligen Allerweltsarten fast überall im Land zu verschwinden drohen, gibt es mittlerweile einige Projekte, die sich speziell dem Schutz und Erhalt dieser Feldbrüter verschrieben haben. Auf einer Fachtagung der Umweltakademie Baden-Württemberg am Freitag und Samstag (23./24.6) in Stuttgart haben rund 90 Teil-nehmende über Fördermöglichkeiten, Projektorganisation und konkrete Maßnahmen zum Schutz bedrohter Feldvögel diskutiert. Trotz alarmierender Bestandsrückgänge von teilweise rund 90 Prozent in den letzten Jahren – etwa bei Rebhuhn und Kiebitz – scheint es Entwicklungen zu geben, die Hoffnung machen, so das Fazit der zweitägigen Veranstaltung.

„Wir wollen den Akteurinnen und Akteuren mit dieser Tagung Mut machen und Wege aufzeigen, wie ein Schutzprojekt gelingen kann“, sagte Michael Eick, Leiter der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg und Initiator der Fachtagung. Eine Erkenntnis sei, dass nur eine gemeinsame Vorgehensweise aller Interessengruppen vor Ort zum Erfolg führe. „Es müssen Landwirtschaft, Naturschutz, Jägerschaft, betroffene Verwaltungen und etliche andere Interessensgruppen eingebunden werden.“ Regelmäßig Abstimmungsrunden seien dabei eine zentrales Element der Zusammenarbeit. „Und nicht zuletzt muss die Bevölkerung breit informiert und überzeugt werden, dann werden Maßnahmen vor Ort wohlwollend wahrgenommen“, so Eick, der selbst Biologe ist und auf eigene Erfahrungen bei verschiedenen Rebhuhnschutzprojekten blicken kann.

Beratung, Begleitung, Förderung

Bei der Tagung der Umweltakademie in Zusammenarbeit mit dem NABU (Naturschutzbund) Baden-Württemberg und dem Landesjagdverband (LJV) wurde einerseits über aktuelle Erkenntnisse aus der Feldvogelforschung berichtet, aber andererseits vor allem auch darüber diskutiert, welche Schutzmaßnahmen am wirksamsten sind und welche Förderprogramme passen. „Bei der Vielzahl der Fördermöglichkeiten ist es gar nicht immer einfach, den Überblick zu behalten oder die optimale Finanzierung zusammenzustellen“, wusste Thorsten Teichert vom Tübinger Landschaftserhaltungsverband VIELFALT e.V. aus der täglichen Praxis. Er und seine Kolleginnen und Kollegen der Landschaftserhaltungsverbände übernehmen vor Ort ganz häufig die konkrete Beratungsleistung und Begleitung, wenn es um die Auswahl der besten Maßnahmen, geeigneter Flächen oder Beantragung von Mitteln geht. „Ohne Unterstützung und Koordinierung geht es nicht!“ lautet die einhellige Empfehlung aus dem Expertenkreis. Das landesweite Konzept zum Feldvogelschutz, das vom Umweltministerium Baden-Württemberg erstellt wurde, biete künftig sicher weitere Anknüpfungspunkte und Möglichkeiten für eine erfolgreiche Umsetzung. Im Biotopverbund könnten über sogenannte Feldbrüter-Kulissen gezielter einzelne Arten gefördert werden. Umsetzungsprojekte können mit 70 Prozent der Kosten über Landschafts-pflegerichtlinie (LPR) gefördert werden. Für die Planungen eines kommunalen Biotopverbunds werden sogar 90 Prozent erstattet.

Refugialflächen für mehr Artenvielfalt

Johannes Enssle, Landesvorsitzender des NABU Baden-Württemberg betonte, dass für einen gelingenden Feldvogelschutz auch die Politik ihrer Verpflichtung nachkommen müsse: „Feldvögel brauchen vielfältige Lebens- und Rückzugsräume, wie mehrjährige Blühbrachen und -streifen. Damit solche wertvollen Refugialflächen für Rebhuhn, Kiebitz und Braunkehlchen mittelfristig auf zehn Prozent der Agrarflächen im Land entstehen, müssen Förderangebote attraktiv gestaltet werden, damit sie von den Landwirtinnen und Landwirten angenommen und umgesetzt werden.“ Denn ohne eine tatkräftige Beteiligung der Landwirtschaft sei ein Schutzprojekt für Feldvögel nicht denkbar.

Beim Landesjagdverband (LJV) hat man im Rahmen der „Allianz für Niederwild“ in mehreren Projektgebieten dieselben Erkenntnisse gesammelt. Rene Greiner vom LJV ist daher auch eine enge Einbindung der Jägerschaft wichtig. „Viele Jäger da draußen haben ein Herz für Hase und Rebhuhn. Sie engagieren sich in ihrer freien Zeit und kümmern sich leidenschaftlich um ihre Reviere.“ Vieles, was dabei geleistet werde, geschehe weitgehend unbemerkt, sei aber für den Erhalt der Feldbrüter essentiell.

Es gebe also durchaus Chancen für den Erhalt der Feldvögel in Baden-Württemberg, resümierte Umweltakademieleiter Eick, nur müssten diese vor Ort erkannt und auch tatsächlich genutzt werden. „Ein Feldbrüterprojekt ist kein Selbstläufer und braucht neben einem langen Atem eine gute Koordination.“ Aber für den Erhalt dieser inzwischen seltenen und schutzwürdigen Vögel lohne sich jede Anstrengung.