Umweltakademie Baden-Württemberg, Rems-Murr-Kreis und Landschaftserhaltungsverband des Rems-Murr-Kreises e.V. unterstützen zusammen mit der Stadt Waiblingen und dem NABU Waiblingen Kommunen beim Erhalt der biologischen Vielfalt
Waiblingen. Blühende Verkehrskreisel, bunte Blumenwiesen auf dem Friedhof, Schmetterlinge und Wildbienen mitten in der Stadt: Dort, wo es richtig gemacht wird, sind solche Bilder Alltag. Doch warum werden öffentliche Grünflächen immer noch viel zu oft nicht nach ökologischen Kriterien gepflegt, obwohl der Erhalt der Artenvielfalt bereits in der Mitte der Gesellschaft intensiv diskutiert wird und ökologisch und ökonomisch von so hoher Bedeutung ist? Diese Diskrepanz haben die Umweltakademie Baden-Württemberg, der Rems-Murr-Kreis und der Landschaftserhaltungsverband des Rems-Murr-Kreises zusammen mit der Stadt Waiblingen und dem NABU Waiblingen zum Anlass genommen, am Mittwoch (22. Juni 2022) ein Fortbildungsseminar für nachhaltiges Grünflächenmanagement durchzuführen und praxistaugliche Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Eingeladen ins Waiblinger Bürgerzentrum waren alle Kommunen, Bauhöfe, Straßenmeistereien und Stadtgärtnereien des Landkreises.
Der erhöhte Arbeitsaufwand von ökologischen Aufwertungsmaßnahmen, die begrenzten Arbeitskapazitäten der Bauhöfe und die öffentliche Wahrnehmung von „wilden Ecken“ in den Gemeinden werden häufig als Gründe für fehlendes Engagement in Sachen Artenvielfalt genannt. Hier setzte das Konzept der Tagung an.
Best-Practice
„Der Rems-Murr-Kreis ist schon seit Jahren für die Artenvielfalt aktiv und hat bereits einen bunten Strauß an Blühflächenprojekten auf den Weg gebracht. Für unser Engagement haben wir 2020 einen Preis des Landes für die Förderung der Biodiversität im Zuge von Verkehrswegen bekommen, letztes Jahr wurden wir im Rahmen des Landeswettbewerbs „Blühende Verkehrsinseln“ mit der Goldenen Wildbiene ausgezeichnet“, sagte Landrat Dr. Richard Sigel zum Auftakt des Seminars. „Mit unserem Netzwerk Artenvielfalt und dem kommunalen Biotopverbund vernetzen wir und arbeiten interkommunal zusammen. Wichtig ist mir, nicht nur bunte Blumenwiesen anzulegen. Wir schaffen einen dauerhaften Lebensraum für zahlreiche Insekten. Damit nehmen wir im Landkreis unsere Verantwortung wahr und leisten unseren Beitrag zur Stärkung der Biodiversität“, so Sigel.
Praktikable Lösungsmöglichkeiten
„Es ist wichtig, dass wir mit diesem Seminar die Entscheidungsträgerinnen und -träger in den Fokus der Bemühungen nehmen und praktikable Lösungsmöglichkeiten für die bestehenden Probleme aufzeigen. Es handelt sich nicht um ein Nischenthema, sondern tatsächlich um Daseinsvorsorge, die die ganze Gesellschaft betrifft“, so Michael Eick, Leiter der Umweltakademie Baden-Württemberg. Der Erhalt der biologischen Vielfalt sei eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Spätestens mit dem Bekanntwerden der „Krefelder-Studie“ im Herbst 2017 sei mehr als deutlich geworden, dass die Anzahl der Insekten drastisch abnehme. Dieser Biomasserückgang bei den Insekten betreffe die gesamte Landschaft und zwar nicht nur bewirtschaftete Acker- und Grünflächen, sondern auch Naturschutzgebiete und den Siedlungsbereich. „Es gibt viele Stellschrauben, mit denen man die Bauhöfe beim Erhalt der biologischen Vielfalt unterstützen kann. Das Seminar soll Kommunen Werkzeuge an die Hand geben, um diese Herausforderungen selbst und mithilfe der Akteurinnen und Akteure vor Ort zu meistern,“ so Eick.
Deshalb hatte die Umweltakademie einige erfahrene Referierende mit Praxisbezug eingeladen:
Prof. Dr. Johannes Steidle vom Institut für Biologie der Universität Hohenheim gab Einblicke über den aktuellen, wissenschaftlichen Stand der Bedeutung der Insekten und deren Gefährdungsursachen. Der Umweltbeauftragte und Grünplaner der Stadt Donzdorf, Georg Krause, teilte seine langjährigen Erfahrungen zu den praktischen Herausforderungen bei der Anlage und Pflege von ökologisch hochwertigen Grünflächen. Einfach und doch sehr effektiv sei ein sogenannter „Akzeptanzstreifen“, der um solche Flächen, die blühen sollen, herum gemäht werde. Damit werde deutlich signalisiert: „Die Grünfläche wird gepflegt.“ Sichtachsen oder Geh- und Radwege blieben aber frei, so Krause.
Christian Merkert vom Landschaftserhaltungsverband (LEV) des Rems-Murr-Kreises stellte das Arbeitsspektrum und die Projekte des LEV vor. Anhand zahlreicher Praxisbeispiele wurde bei der Tagung vermittelt, wie naturnahe Grünflächenpflege nachhaltig gelingen kann. Das Programm wurde durch eine nachmittägliche Fachexkursion in den Wiesen der Talaue Waiblingens abgerundet, wo nicht nur der Erfahrungsaustausch vertieft werden konnte, sondern auch neueste Mähtechnik und Ziegenbeweidung besichtigt und in Aktion erlebt werden konnte.