Stuttgart: Welche Maßnahmen zur Nutzung, Pflege und Brache sind geeignet, um unsere Landschaft naturschutzverträglich, effektiv und kostensparend zu bewahren und weiter zu entwickeln? Seit genau 50 Jahren forschen und erproben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemeinsam mit Praktikern aus der Landschaftspflege diese Fragestellung. Zum runden Jubiläum haben am Mittwoch (14. Mai) nun rund 90 Interessierte getagt. Namhafte Referierende stellten die laufenden Forschungen vor, zogen Bilanz und gaben einen Ausblick auf die künftigen Herausforderungen.
Segen für die Artenvielfalt
Die Festrede im Naturkundemuseum Stuttgart hielt der Staatssekretär des Umweltministeriums, Dr. Andre Baumann. „Es ist toll zu sehen, wie viel Engagement in den Erhalt des einzigartigen Landschaftsmosaiks in Baden-Württemberg gesteckt wird. Mein großer Dank gilt all jenen, die bis heute die Offenhaltungsversuche ermöglicht und begleitet haben. Es hat sich gezeigt, wie segensreich diese Maßnahmen für die Artenvielfalt sind.“
Kooperation von Wissenschaft und praktischer Landschaftspflege
Organisiert wurde die Veranstaltung von der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg, dem Umweltministeriums Baden-Württemberg und der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum. Michael Eick, Leiter der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg moderierte die Tagung und sagte: „Die Offenhaltung zählt zusammen mit anderen Themen wie etwa Feldbotanik, Grünlandbestimmung oder Ackerwildkräuter schon lange zum Spektrum der Seminare und Fortbildungen der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg. Deshalb war es uns ein großes Anliegen, die Tagung „50 Jahre Offenhaltung“ gemeinsam mit den wichtigen Akteuren des Forschungsprojektes auszurichten.“
Frau Prof. Broll von der Universität Osnabrück und Herr Prof. Poschlod von der Universität Regensburg gaben einen Rückblick auf die Entstehungsgeschichte, Ziele und die Organisation der Offenhaltungsversuche.
„Die Offenhaltungsversuche Baden-Württemberg stellen ein hervorragendes Beispiel für die Kooperation von Wissenschaft und praktischer Landschaftspflege dar. Wir können dem Klima-, Biotop- und Artenschutz nur gerecht werden, indem wir durch geeignete Maßnahmen die unbewaldeten und unbebauten Flächen erhalten“, so Prof. Poschlod.
Zudem würdigte Prof. Poschlod den 2024 verstorbenen Initiator und langjährigen wissenschaftlichen Leiter der Offenhaltungsversuche, Prof. Karl-Friedrich Schreiber, der 2005 für diese Leistungen mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden war.
Die Veranstaltung diente dem Austausch der Akteure aus Wissenschaft, Naturschutz, Landwirtschaft und Landschaftspflegepraxis und wurde durch eine Bereisung auf die Schwäbische Alb am Donnerstag, die von der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum (LEL) organisiert wurde, abgerundet.
Hintergrund:
Baden-Württemberg ist durch eine vielfältige Kulturlandschaft mit teilweise einzigartigen Landschaftsräumen geprägt. Wenn jedoch die Bewirtschaftung aufgeben wird, wächst die Landschaft über kurz oder lang zu. Damit aber gehen ökologisch wertvolle Landschaftselemente verloren, die sich über Jahrhunderte etabliert haben.
Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, hat das Land Baden-Württemberg bereits im Jahr 1975 ein Forschungsprogramm ins Leben gerufen, das die Offenhaltung der Kulturlandschaft zum Ziel hat. Seither wird auf Versuchsflächen an 14 Standorten geforscht, wie sich die möglichen Nutzungen – wie Beweidung mit verschiedenen Tieren, mähen, mulchen, brennen oder zuwachsen lassen – auf die Vielfalt und Zusammensetzung der dort vorkommenden Pflanzenarten auswirken. Zusätzlich wurde für alle Versuchsflächen die Landnutzungsgeschichte rekonstruiert. Weitere Informationen: hier
!!! NEU !!!: Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg (Hrsg.) (2025): 50 Jahre Offenhaltungsversuche in Baden-Württemberg. Landnutzungsgeschichte, Landschaftspflege und Renaturierung von artenreichem Grünland. Band 61 Beiträge der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg. ISBN: 978-3-7776-3588-0. Erhältlich im Buchhandel oder unter www.hirzel.de/