Ministerpräsident Kretschmann: „Initiative schützt unsere bedrohten Arten – und damit unserer aller Zukunft“
Stuttgart. Zum fünfjährigen Jubiläum der Landesinitiative Taxonomie haben die Initiatoren bei einem Kongress im neuen Schloss in Stuttgart (17.10) erste Erfolge präsentiert. „Wir haben bei uns in Baden-Württemberg einen außerordentlichen Schatz von rund 50.000 Arten, die in einzigartigen Lebensräumen beheimatet sind. Doch längst sind noch nicht alle Arten entdeckt“, so Ministerpräsident Winfried Kretschmann in einer Video-Botschaft vor rund 200 Gästen. „Deshalb haben wir die Landesinitiative Taxonomie ins Leben gerufen. Sie leistet einen enorm wichtigen Beitrag, um unsere großartige Biodiversität zu erhalten und das Artenwissen zu stärken. So schützen wir unsere bedrohten Arten – und damit auch unserer aller Zukunft.“
Der Staatssekretär aus dem baden-württembergischen Umweltministerium, Dr. Andre Baumann ergänzte: „Mit der Taxonomie-Initiative hat das Land Baden-Württemberg einen Volltreffer gelandet. Während andere Bundesländer noch mit der Analyse rund um das Artensterben beschäftigt sind, haben wir die Ärmel hochgekrempelt. Mit der Initiative bewahren wir das Expertenwissen über die Artenvielfalt und stoppen den Artenschwund. Seltene Pflanzen und Tiere lassen sich wieder blicken und werden hier heimisch.“
Wissen vermitteln und Akzeptanz schaffen
Baden-Württemberg habe mit seiner Taxonomie-Initiative genau das richtige Maßnahmenkonzept entwickelt, um dem Schwund von Artenexperten wirksam zu begegnen, so das Credo der Veranstaltung, die mit rund 20 Referentinnen und Referenten eine enorme inhaltliche Tiefe bot. Organisator war die Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg, die auch im Rahmen der Landesinitiative eine tragende Rolle spielt.
Michael Eick, Leiter der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg begeisterte in seiner Einführung „Schätzkästchen der Natur“ mit faszinierenden Einblicken in die Artenvielfalt in Baden-Württemberg. Er warb gleichzeitig für eine breite gesellschaftliche Sensibilisierung und Akzeptanz, „um den Erhalt der Biodiversität im Sinne des Generationenvertrages zu gewährleisten“, so Eick.
Bilanz zu fünf Jahre Landesinitiative Taxonomie
Baden-Württemberg hat 2019 als erstes Bundesland die Notwendigkeit erkannt, taxonomisches Wissen sowohl in Wissenschaft und Forschung als auch in der Fort- und Weiterbildung zu fördern. Die Landesinitiative Taxonomie wurde gegründet. Die Zwischenbilanz der ersten fünf Jahre zeigt Erfolge:
- Das Kompetenzzentrum Biodiversität und integrative Taxonomie – kurz KomBioTa – an der Universität Hohenheim und dem Staatlichen Naturkundemuseum Stuttgart wurde 2019 gegründet. KomBioTa betreibt inzwischen zahlreiche Forschungsprojekte zur Artenvielfalt hier in Baden-Württemberg.
- Zwei neue Professuren wurden geschaffen: die Professur für Integrative Taxonomie der Insekten am Institut für Biologie der Universität Hohenheim und die gemeinsame Professur mit dem Naturkundemuseum Stuttgart für das Biodiversitätsmonitoring.
- Die Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg hat seit 2021 ein mit rund 100 Veranstaltungen pro Jahr umfangreiches Seminarprogramm zu taxonomischen Themen umgesetzt. Das Kursangebot ist breit angelegt, modular und umfasst verschiedene Kompetenzstufen. Rund 1000 Personen können jedes Jahr an Praxismodulen zum Artenwissen auf unterschiedlichen Niveaustufen vor Ort teilnehmen, ein Mehrfaches davon nutzt die Online-Angebote. Der Schwerpunkt liegt auf naturschutzwichtigen und planungsrelevanten Artengruppen.
- Die Zertifizierung von Artenkenntnis ist eine besondere Erfolgsgeschichte. Deutschlandweit wurden bereits über 3000 BANU-Zertifikate vergeben, davon allein ein Drittel in Baden-. Bei der Umsetzung der Prüfungen zu den BANU-Zertifizierungen in Baden-Württemberg kooperiert die Akademie für Natur- und Umweltschutz aktuell mit sieben Hochschulen: den Universitäten Freiburg, Hohenheim, Konstanz, Tübingen und Ulm sowie der PH Karlsruhe und dem KIT, außerdem mit Fachgesellschaften für die jeweiligen Organismengruppen und den beiden staatlichen Naturkundemuseen in Stuttgart und Karlsruhe.
- In den Bundesländern steht die Taxonomie-Initiative als Vorreiter da.
BANU: Bundesweiter Arbeitskreis der staatlich getragenen Bildungsstätten im Natur- und Umweltschutz (Dachverband der Umweltakademien in Deutschland)
Was bedeutet Taxonomie?
Die Taxonomie ist ein Teilgebiet der Biologie. Der Begriff stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet in etwa „Gesetz der Ordnung“. Taxonominnen und Taxonomen befassen sich mit dem Bestimmen, Beschreiben und Einteilen von Lebewesen in ein geordnetes System. Was sich simpel anhört ist eine hohe Kunst: Die Unterscheidungsmerkmale einer Art oder Unterart liegen oftmals im Detail. In der „integrativen Taxonomie“ werden klassische Methoden in einem multidisziplinären Ansatz mit molekularbiologischen, ökologischen und weiteren Methoden kombiniert. Die Taxonomie ist keinesfalls eine historische Disziplin. Denn längst noch nicht alle Arten weltweit sind entdeckt oder beschrieben. Erst vor zwei Jahren wurde von Wissenschaftlern des Staatlichen Naturkundemuseums Stuttgart eine winzig kleine parasitoide Wespenart gefunden, die nun den Namen eines baden-württembergischen Ministerpräsidenten trägt, Aphanogmus kretschmanni.